Ein Blick hinter die Kulissen

Noch 7 Monate

Alles begann mit einem kleinen Hinweis-Fenster: Eine Email ist eingetroffen. Svenja und Thomas haben mir eine Anfrage geschickt. Ich prüfe das Datum – der Termin ist noch frei. Ich beantworte also die Email, schicke den beiden gleich meine Leistungs-Broschüre als PDF mit, denn diese werden wir in einem persönlichen Gespräch noch brauchen. Anschließend greife ich zum Hörer, wähle die Nummer und – erreiche die beiden auch gleich. Es ist oft so, dass die angehende Braut für die Hochzeitsfotos „zuständig“ ist, so auch hier. Ich habe also Svenja am Telefon, eine sehr sympathische Stimme begrüßt mich. Ich stelle mich vor, erfahre, dass jemand mich empfohlen hat, was mich natürlich sehr freut, und wir plaudern ein wenig über ihre Tagesplanung und ihre Wünsche. Ich erfahre, was die beiden vorhaben und was sie sich wünschen. Schnell stellt sich heraus, dass sie von meinen Bildern und meinen Leistungen gleichermaßen begeistert sind. Auch ich habe bereits jetzt ein gutes Gefühl. Warum das wichtig ist? Die Chemie muss beiderseitig stimmen, das ist die Grundvoraussetzung für emotionale, tolle Bilder. Immerhin ist eine Hochzeit eine sehr persönliche Angelegenheit, und ich erstelle den Paaren keine Passbilder, sondern Emotionen, Erinnerungen. Im Laufe der Zeit habe ich auch schon Aufträge nicht angenommen, weil es einfach nicht „gepasst“ hat. Hier aber stimmt die Chemie. Bei der Besprechung ihrer Tagesplanung fallen mir bereits einige Kleinigkeiten auf, die zu beachten sind, und so gebe ich ihnen bereits jetzt einige Tipps und Anregungen für die weiteren Überlegungen, auch über die Hochzeitsfotos hinaus. Es ist mir nämlich eine Herzensangelegenheit (und ich fühle mich dazu verpflichtet), hier meine langjährige Erfahrung weiterzugeben und Paare vor Fehlern zu bewahren, die andere vor ihnen schon erlebt haben. Beispielsweise hatten die beiden einfach nicht einkalkuliert, dass an einem Samstag mitten im Juli unbedingt Snacks und Getränke auch zwischendurch gereicht werden müssen, damit die Gäste nicht aufgrund von Hunger und Durst an einem vielleicht sehr heißen Tag die gute Laune verlieren…

Wir besprechen also den Tagesablauf und finden heraus, welche Leistungen sie sich wünschen bzw. Sinn ergeben. Sie entscheiden sich für eine Ganztagesbegleitung am Tag der Feier, von 9.00 Uhr bis 23.30 Uhr, damit auch wirklich alle Highlights des Tages festgehalten werden. Außerdem wünschen sie sich die so genannte Photobooth für ihre Gäste und  4 Verschenk-DVD-Etuis für die Eltern und Trauzeugen.

Ich versichere ihnen, dass es ihnen an nichts mangeln wird, und wir verabreden ein Treffen, damit sie sich ein echtes Bild von mir und meiner Person machen können. Bei solch einem Einsatz ist auch mir daran gelegen, dass das Paar mit seiner Entscheidung für mich rundum glücklich ist! Ein Treffen ist zwar nicht unbedingt nötig, wenn es am Telefon schon aufgrund guter Gespräche zu einem guten Gefühl kommt, und es ist auch nicht immer realisierbar, beispielsweise bei bundesweiten Einsätzen, aber sofern möglich, wird das so gehandhabt.

 

3 Tage später

Wir treffen uns im Fotostudio, lernen uns kennen und besprechen alles noch einmal in Ruhe. Es haben sich auch weitere Fragen ergeben, die ich nun beantworten kann. Ich erfahre ein wenig über ihre gemeinsame Geschichte, wo die beiden sich kennen gelernt haben, wo sie sich das Ja-Wort gegeben haben. Diese Details sind für mich interessant, denn durch diesen Austausch entsteht Vertrauen. Und oftmals kann ich diese Informationen bei der späteren Bearbeitung der Bilder mit einfließen lassen, beispielsweise bei der Collagen-Erstellung…

Ich zeige ihnen ein Beispiel-Album. Ich sage jedem Paar, dass man dieses Album einmal in der Hand halten und berühren muss, um zu erleben, wie sagenhaft die Qualität ist. Was heißt schon handgebunden? Was heißt schon wattierter Einband? Man muss es einfach befühlen. Auch zeige ich ihnen das Verschenk-Etui, ein edles Etui für die Bilder-DVD, das gleich zwei Fotos beherbergt, ideal zum Verschenken. Die beiden sind derart begeistert, dass sie mir nun endgültig fest zusagen. Wir freuen uns gemeinsam, dass alles so gut passt und stoßen erst einmal auf den Großen Tag an… Dieses Treffen hat schon mal richtig Spaß gemacht. Wir vereinbaren sodann auch gleich einen Termin für das Pre-Wedding-Shooting.

Ich fahre als glücklicher Mensch nach Hause, wie immer, wenn zwei Menschen mir ihre Hochzeit anvertrauen. Hochzeitsfotos zu erstellen ist mit einer enormen Verantwortung verknüpft, derer ich mir bewusst bin. Ich freue mich.

 

Anschließend

Ich habe nun einige organisatorische Dinge zu erledigen. Ich erstelle den beiden als PDF ein explizites Auftragsblatt mit allen Details zu den vereinbarten Leistungen, sowie den Angaben zu Datum, Uhrzeit, etc. Es ist auch immens wichtig, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin, daher gehe ich hier besonders akribisch vor. Ich recherchiere die genauen Adressen der Locations und trage sie ein. In der Email werde ich die beiden bitten, alle Angaben genauestens auf Richtigkeit zu prüfen, denn dieses Auftragsblatt ist meine Arbeitsgrundlage. Weiter erstelle ich eine Rechnung über die Anzahlung und schicke ihnen auch meine kleine Broschüre mit Tipps und Hinweisen rund um die Hochzeitsfotos. Vieles haben wir schon besprochen, aber ich gebe meinen Hochzeitspaaren diese Broschüre zum Nachlesen an die Hand. Hier finden sie auch Informationen zur späteren Verwendung der Bilder, zur Online-Galerie und vieles mehr… Alles geht per Email an Svenja und Thomas.

Ich trage den Termin mit allen Details wie Telefonnummern, Locations, Adressen und Fahrtwegen in meinem Outlook ein. Auch muss ich den Termin in meine Organisations-Tabelle einpflegen. Anschließend telefoniere ich mit dem Hotel und stelle mich bereits frühzeitig vor, auch um einen Aufstellplatz für die Photobooth zu klären. Ein Zimmer brauche ich nicht zu buchen, das hat das Paar bereits wie vereinbart für mich erledigt.

Nachdem die Anzahlung und das unterschriebene Auftragsblatt bei mir eingegangen sind, bedanke ich mich bei den beiden und schicke ihnen per Brief eine Zahlungs- und Terminbestätigung. Wir telefonieren dann nochmal und vereinbaren, nach einiger Zeit wieder miteinander zu sprechen. Ich versichere den beiden, dass sie oder Personen ihres Vertrauens jederzeit bei mir anrufen können, wenn sich Fragen ergeben. Svenja und Thomas sind auch froh, hinter dem Thema Hochzeitsfotograf auch ein Häkchen auf der Checkliste machen zu können.

 

1 Monat später

Die Trauzeugin des Paares ruft bei mir an. Einige Gäste planen, die beiden mit Hochzeitstauben zu überraschen. Sie fragt, ob das wichtig für mich ist. Ich bedanke mich für die Info und trage das in meine Notizen ein.

 

Noch 4 Monate

Ich rufe bei Svenja und Thomas an. Die beiden stecken mitten in ihren Vorbereitungen und sind schon ganz aufgeregt. Unser Pre-Wedding-Shooting steht an, und ich erfahre, dass es beim vereinbarten Termin bleibt. Ich habe mich wegen Ihrer Affinität zum Wasser und zum Wassersport für einen See im Sauerland entschieden, eine schöne Location.

 

Ein Tag vor dem Pre-Wedding-Shooting

Ich checke natürlich mein Equipment, lade alle Akkus und bereite das morgige Shooting vor. Ich schaue nochmals in meine Notizen. Wo haben sich die beiden kennen gelernt, wo haben sie sich das Ja-Wort gegeben… Ich stelle mich wieder auf die beiden ein, damit morgen passende Bilder entstehen.

 

Ein Sonntag im März

Das Pre-Wedding-Shooting ist immer ein besonderes Highlight, schon vor der Hochzeit. Wir treffen uns wieder, können Einzelheiten besprechen, aber was viel wichtiger ist: Wir machen schon mal vorab einige Bilder. Zum Beispiel für ihre Einladungskarten. Svenja und Thomas sind natürlich aufgeregt. Beide haben noch nie ein Shooting gemacht. Und genau das ist der Grund für solch ein Shooting. Ich habe einen mobilen Blitzschirm dabei, mache einige Bilder und zeige ihnen gleich die Ergebnisse. Die beiden sind bereits jetzt erstaunt, wie toll die Bilder werden, das hätten sie gar nicht gedacht. Ich kenne das, denn wenn man vor der Kamera steht, kann man einfach nicht ahnen, wie das Bild tatsächlich aussieht. Licht, Blickwinkel, Bildausschnitt, Belichtung, Schärfentiefe, etc. – das alles sieht man erst auf dem Monitor. Also machen wir weiter. Wir machen schöne Bilder am See, vor dem Bootssteg. Es entsteht eine tolle kleine Bilderserie, die Stimmung ist richtig gut, und die beiden können lange vor ihrer Hochzeit schon mal eine wichtige Erfahrung machen: So eine Foto-Session macht echt Spaß und ist vollkommen unkompliziert. Die beiden haben nun erst recht ein richtig gutes Gefühl. Auch ich bin glücklich – Ich habe mein Ziel erreicht…

 

1 Woche später.

Die Bilder aus dem Pre-Wedding-Shooting sind fertig. Ich schicke sie per Post, und bekomme 2 Tage später den begeisterten Anruf, dass die beiden total aus dem Häuschen sind. „Wir hätten nie erwartet, dass man von uns so tolle Bilder machen kann!“ Ich fühle mich geehrt und freue mich über ihre Begeisterung. Eines der Bilder verwenden sie natürlich für ihre Einladungskarten. Sie bedanken sich nochmals herzlich.

 

Noch 1 Monat

Ich rufe die beiden wieder an. Es ist mir wichtig, in Kontakt zu bleiben. Da es keine Neuigkeiten gibt, vertagen wir die letzten Absprachen auf später.

Zwischendurch hat das Hotel sich bei mir gemeldet. Ich hatte darum gebeten, dass mir eine Leiter zur Verfügung gestellt wird, da ich diese wahrscheinlich für das Gruppenfotos benötige. Die Leiter ist organisiert, so brauche ich keine mitzubringen. Ich freue mich. Auch bei mir wieder ein Häkchen auf meiner Orga-Liste.

 

Noch 1 Woche

Nun ist es fast soweit. Diesmal sind mir die beiden mit dem Anruf zuvorgekommen. Natürlich, denn sie sind jetzt so richtig schön aufgeregt.  Wir gehen den Tagesplan nochmal durch, es haben sich geringfügige Änderungen ergeben, auch in Absprache mit ihren Trauzeugen. Von den Hochzeitstauben wissen sie natürlich noch nichts, und im sicherzugehen, dass ich nach Monaten diese Überraschung nicht vermassle, hatte ich mir in meine Notizen groß das Wort „ACHTUNG – ÜBERRASCHUNG“ geschrieben.

Wir verabschieden uns, und ich wünsche den beiden noch schöne aufgeregte Tage. Wir sehen uns dann vor Ort…

 

Noch 2 Tage

Ich stelle mein Equipment zusammen, Kamera, Blitzgeräte, Ersatzgeräte, Stative, Blitzschirme, Aufheller. Ebenso das mobile Hintergrundsystem, die Studioblitze und die kleine Kamera für die Photo-Booth. Ich benötige auch Krepp-Band, um den Aufnahmewinkel der Kamera auf dem Boden abzukleben, damit die Gäste bei den Aufnahmen Bescheid wissen. Außerdem drucke ich neue Hinweisschilder auf, die ich aufstellen muss, um die Bedienung zusammenzufassen.  Ich packe 2 Sets mit Farbkartuschen und Papier für die mobilen Fotodrucker ein. Ich lade alle Akkus auf, checke und formatiere die Speicherkarten und stelle meine Kamera auf meine persönliche Standard-Konfiguration für Hochzeiten ein. Ich packe meine Tasche. Den kleinen Handspiegel, den manche Bräute schon dankend beim Shooting konsultiert haben, die kleine Quietsche, mit der ich die volle Aufmerksamkeit aller Kinder bekomme, ein paar Luftballons, auch wenn ich weiß, dass bei dieser Hochzeit eine Kinderbetreuerin gebucht ist, was ich für eine geniale Sache halte. Ich packe mir Ersatzkleidung ein, und etwas schöne Musik für die Fahrt. Ich drucke mir die Notizen und den Tagesablauf aus, ebenso die Route, falls das Navi auf seltsame Ideen kommen sollte. Ich präge mir den Weg vorher schon mithilfe der Landkarte ein, denn ich weiß gerne wohin ich fahre. Ich vertraue meinem Navi, aber nicht blind.

 

Der große Tag

Ich trete die Anreise an.  Ich reise gerne rechtzeitig an, denn bei noch so guter und ausreichend lockerer Zeitplanung kann immer etwas passieren. Eine Baustelle, ein Unfall, ein Stau. Eine Verspätung wäre bei einer Hochzeit nicht hinnehmbar!  Angekommen stelle ich mich an der Rezeption vor, und lerne die Verantwortliche des Hauses kennen, die das Hochzeitspaar betreut. Wir vereinbaren einen sinnvollen Zeitpunkt für das Aufstellen des Photo-Booth-Systems.

Im Zimmer der Braut treffe ich auf die Visagistin. Wir kennen uns bereits. Sie ist mit der Braut fast fertig, so wie es geplant war. Ich schaue mich im Zimmer um, suche nach spannenden Blickwinkeln, prüfe den Einfall des Tageslichts und entscheide, auf welcher Seite ich meinen Aufheller platziere. Dieser reicht aus und sorgt für eine schöne Ausleuchtung. Ich brauche also vorerst kein Blitzlicht. Ich mache einige Aufnahmen, wie die Braut zurecht gemacht wird, spreche mit ihr und der Visagistin ab, wie lange sie noch benötigen. Noch ca. 30 Minuten. Sehr gut. Ich gehe hinüber zum Bräutigam. Er ist gut gelaunt aber echt nervös. Ich drücke ihm die Hand und wünsche ihm einen traumhaften Tag. Auch bei ihm fotografiere ich, wie er sich zurecht macht, wie sein Trauzeuge ihm dabei hilft, das sind Momente, die später im Album sehr wichtig sind. Denn die beiden, die sich in wenigen Stunden das Ja-Wort geben werden, verbringen diesen Moment getrennt und sehen nicht, was der oder die andere macht. Daher sind die Vorbereitungen ein wunderschönes erstes Hauptkapitel der Bilderstory. Ich fotografiere hier auch schon Details wie Schuhe, Manschettenknöpfe, etc., aber auch den üppigen Obstkorb des Hauses mit der Flasche Champagner auf der Anrichte. Und natürlich kümmere ich mich sorgfältig um die Ringe. Ich nehme sie aus der Box, sehe, dass sie eine Gravur tragen, lege sie zurecht, wechsle das Objektiv, halte ein externes Blitzgerät auf einen Einfallswinkel, der die Gravur betont und mache ein Bild. Die Menschen staunen stets, wie deutlich diese kleine Gravur auf den Bildern zutage tritt. Darauf achte ich also besonders sorgfältig. Anschließend halte ich noch seinen glücklichen Blick ein, dann verabschiede ich mich vorerst und gehe wieder zur Braut. Das Make-Up ist fast fertig. Perfektes Timing. Ich mache Aufnahmen der letzten Pinselstriche und des Finishs, und fühle mich schon mittendrin. Die Stimmung ist auch bei mir schon richtig schön, der Tag wird sehr gut, das weiß ich. An der großen Kleiderschranktür hängt das Brautkleid. Wunderschön. Klick. Einige Bilder vom Kleid aus verschiedenen Blickwinkeln, dann sind die Schuhe noch dran. Hier dekoriere ich gerne ein wenig, diese Aufnahmen sollen kunstvoll aussehen…

Nachdem ich hier die benötigten Bilder gemacht habe, packe ich die Kamera zur Seite. Ich habe sie griffbereit, muss aber im Moment keine Aufnahmen machen. Viel wichtiger ist es nun, der Braut auch mal einige kamerafreie Momente zu gönnen, denn immerhin ist heute ihre Hochzeit und keine Aufnahmeprüfung für irgendein Model-Contest. Aus zahlreichen Gesprächen weiß ich, dass viele Kollegen solch einen Tag mit „Dauerfeuer“ durchknipsen und tausende Bilder mit nach Hause nehmen. Ich distanziere mich deutlich davon, und das wird mir auch sofort wieder mit einem zufriedenen Lächeln der Braut gedankt. Wir plaudern alle zusammen ein wenig, dann gehe ich hinunter und treffe auf die ersten Gäste.

Ich werde sofort als der Mann mit der Kamera entlarvt, wie sollte es auch anders möglich sein. Ich begrüße die Gäste und versichere ihnen, dass sie ganz ungeniert den Tag genießen dürfen… Das lockert gleich die Stimmung, denn bei jeder Hochzeit gibt es viele Menschen, die nervös werden, wenn eine Kamera auf sie gerichtet ist. Und ich darf auf keinen Umständen für Beklemmungen unter den Gästen sorgen. Ich ziehe mich zurück, mache einige Reportageaufnahmen des Beisammenseins und begebe mich dann wieder zur Braut. Das Anziehen des Kleides steht auf dem Programm. Die Braut schlüpft in jenes Outfit, das sie an diesem Tag zur schönsten Frau der Welt macht, welches sie lange ausgesucht hat, in welchem der Brautvater sie seinem zukünftigen Schwiegersohn übergibt. Man muss verstehen, dass dies weitaus mehr als nur ein Kleid ist. Nachdem auch dieser Moment für die Ewigkeit festgehalten ist, gehe ich wieder hinunter zu der größer werdenden Gästeschar. Der Bräutigam wird alsbald erwartet, und so positioniere ich mich in einer Ecke des Saales, aus der ich einen guten Blickwinkel sowohl auf die Gäste, als auch auf die Treppe habe, von der er und später auch sie herabkommen wird. Thomas wird von seinem Trauzeugen begleitet, beide freuen sich, die Gäste zu sehen. Tanten, Onkel, entfernte Verwandte und geografisch getrennte Freunde sehen sich nach langer Zeit wieder, dieses Glück in den Augen – klick – halte ich fest. Der Bräutigam fällt seinen Eltern um den Hals, und kann bereits jetzt nur mühsam gegen Tränen ankämpfen. Klick. Die Bilder von weinenden Menschen müssen mit Bedacht gemacht werden, denn erstens sollen sie sich in den Momenten dieser Intimität und Offenbarung nicht beobachtet fühlen, und zweitens können diese Bilder sehr unvorteilhaft wirken, wenn es der falsche Moment oder Blickwinkel ist. Aber mit langjähriger Erfahrung, viel Gefühl und ruhiger Hand fange ich hier ein traumhaftes Bild ein. Die Braut wird sich später darüber freuen…

Der große Moment rückt näher. Der Bräutigam und die Gäste begeben sich zum Ort der Trauung, an den kleinen Pavillon am See. Die Standesbeamtin und der Redner empfangen die Gesellschaft, ich stelle mich der Standesbeamtin vor. Wie üblich stelle ich kurz meine Arbeitsweise vor, und sie gestattet mir – ebenfalls üblich – mich frei bewegen zu dürfen.

Die Gäste nehmen Platz. Der Bräutigam wird zunehmend nervöser und knetet seine Hände. Klick. Ein Standardbild bei mir, denn nichts drückt diese schöne Nervosität besser aus. Ich verlasse den Ort und gehe den kleinen Weg wieder hinauf zur Hotel-Lobby. Die Braut kommt gerade die Treppe herunter. Geführt von ihrem Vater, in dessen Gesicht sich Glück und Andacht gleichermaßen breitgemacht haben. Ein traumhaftes Bild, wie er sie die Treppe hinunterführt, um sie gleich demjenigen zu übergeben, der seine Tochter von nun an beschützen und ehren wird… Ich gehe vor den beiden her und beeile mich ein wenig, denn ich will das Eintreffen der Braut unten am Pavillon aus Sicht der Gäste fotografieren. Ich weiß: Gleich folgt einer der spannendsten Momente des Tages, denn ich benötige unbedingt ein Bild seines Gesichtsausdrucks, wenn der die schönste Frau der Welt erblickt. Und so kommt es. Die Augen werden größer, er hält die Hände an den Kopf und – klick . Sie fängt sofort an zu weinen, der Brautvater stimmt mit ein. Sie können mir glauben, auch an mir gehen diese Emotionen nicht vorbei. Wie so oft, habe ich auch hier leicht wässrige Augen, weil der Moment einfach zu schön ist. Ich lasse es zu und versuche, diese Emotion in meine Hände zu leiten, die die Kamera halten und bedienen. Diese Arbeit ist hoch emotional. Die besten Ergebnisse erhalte ich, wenn ich den Kopf ausschalte und mich dem Moment und meiner Erfahrung einfach hingebe. Und so tauche auch ein in eine wunderschöne Trauung und eine sehr ergreifende Ansprache des Redners. Ich bin mitten dabei und dennoch bleibe ich am Rande. Jeder kann mich sehen, aber keiner nimmt mich wahr, denn ich versuche, so aufmerksam aber gleichzeitig so unauffällig wie nur irgend möglich zu arbeiten. Schon einige Male habe ich von Paaren die Frage gestellt bekommen, von wo aus ich denn dieses oder jenes Bild gemacht habe, und ich musste ihnen erklären, dass ich direkt vor ihnen stand. Wenn sie mich in ihrem Rausch gar nicht mehr wahrnehmen, mache ich meine Arbeit gut. Einmal schaut die Braut dennoch zu mir – mit einem herzerweichend glücklichen Blick, als wollte sie, dass ich genau dieses Bild mache, für ihn. Selbstverständlich macht es klick, denn solch ein Moment entgeht mir nicht.

Es gibt bestimmte Momente, in denen Schlüsselbilder der Fotostory entstehen, beispielsweise der Moment kurz vor und kurz nach dem Ja-Wort. Und natürlich das Ringe anstecken sowie der Kuss. Da ich diese Momente mittlerweile über 140 mal begleitet habe, weiß ich genau, wann was passiert. Daher bin ich vorbereitet und mache im Moment des Kusses genau 3 schnelle Bilder. Ich entscheide mich, diese Aufnahmen mit Aufhellblitz zu fotografieren, da hier teilweise schnelle Bewegungen erfolgen, ich eine kürzere Verschlusszeit wählen muss und damit eine Lichtwerteinbuße habe. Das SB-910 von Nikon ist das neueste der System-Blitzgeräte von Nikon und würde auch noch weitere Serienbilder problemlos mitmachen, bevor es nachladen muss, aber mehr Bilder benötige ich nicht. Ich weiß, wann ich auslösen muss und sehe es auch hier als sehr wichtig an, die beiden nicht mit Blitzlichtgewitter zu nerven – in diesem intimen Moment.

Das Anstecken der Ringe ist jedes Mal ein wenig knifflig, denn ich habe mit dem Paar natürlich keine Stellprobe gemacht. Manchmal drehen sie sich in eine für die Aufnahme ungünstige Position, da muss ich entsprechend reagieren. Aber auch dieses Mal habe ich Glück. Ich kann wundervolle Aufnahmen machen mit Händen, Ringen, ihren Gesichtern und den Gästen im Hintergrund. Ein Bild erzählt manchmal tatsächlich mehr als tausend Worte…

Nach den Unterschriften – ja, auch das muss sein, immerhin ist eine standesamtliche Trauung ja auch ein Verwaltungsakt – ziehe ich mich in den hinteren Teil der Szene zurück. Ich habe alle Bilder im Kasten und möchte die beiden nun vorne auch ein wenig alleine lassen. Sicher wäre noch der eine oder andere verliebte Blick einzufangen, aber ich habe diese Bilder bereits, und es ist nun viel wertvoller für die beiden, den Moment, die ersten Minuten als frisch getrautes Ehepaar ohne Beobachtung und ohne Kamera zu genießen! Hinten bereite ich mich auf den Auszug vor.

Nach der Trauung machen wir – wie vereinbart – ein Gruppenfoto mit allen Gästen. Da es sich hier um eine ziemlich große Anzahl an Menschen handelt, ist dies besser gleich erledigt, da im späteren Tagesverlauf erfahrungsgemäß immer irgendjemand fehlen würde. Jetzt haben wir sie alle beisammen, und keiner kann flüchten. Ja, dieser Programmpunkt gefällt nicht allen, manche haben regelrecht Angst davor. Auch wenn diese Ängste in der Regel falsche Ängste und damit gar nicht nötig sind, verstehe ich doch eines: Ein einzelner Kopf ist auf dem Gruppenfoto sehr klein, ganz und gar unauffällig. Zumindest wenn es sich um eine Gruppe von 70 Leuten handelt… Aber jeder einzelne sieht ja die Kamera auch auf sich selbst gerichtet und fühlt sich daher bildfüllend herangeholt. Also ist es meine Aufgabe, diesen Moment locker zu gestalten und die Fotos zügig zu machen. Der Brautvater trommelt wie vereinbart alle zusammen. Ich bitte das Brautpaar vorne in die Mitte, die Eltern direkt um sie herum, dahinter die Trauzeugen, und alle anderen dürfen sich frei verteilen. Während das Bild langsam Form annimmt, stelle ich mich kurz auf die Leiter, checke den Blickwinkel, stelle die Kamera auf eine manuelle Belichtung fertig ein und stelle mich wieder vor die Leute. „Ich brauche für meine Aufnahmen nur ca. 30 Sekunden – alles andere ist Aufbauzeit“ versichere ich den Gästen. Ich will sie nicht hetzen, denn das Bild soll auch ordentlich aussehen, aber jedem, der genervt sein sollte nehme ich damit den Wind aus den Segeln, dass der Fotograf hier verantwortlich wäre. Ich weiß zwar, dass mir das noch nicht wirklich jemand glaubt, aber sie werden es gleich erleben. Das ist so ein Kniff, den ich mir angewöhnt habe. Wie zu erwarten, muss ich einige Leute bitten, die Lücken vor sich zu füllen. „Erwarten Sie noch jemanden?“ – frage ich, und ernte einige Lacher. Die Leute rücken auf, die Gruppe steht. Ich steige die Leiter hinauf und spüre, wie die Spannung steigt. Jetzt erwarten alle ein „Bitte Lächeln“ oder „Ameisensch…“. Ich bitte alle, einfach nur fröhlich zu schauen, für das Brautpaar. 3 Bilder. Ohne Blitz. Ich mache noch einen Spruch, alle lachen. Wieder 3 Bilder. Ich mache mein Versprechen wahr. Nach 30 Sekunden ist alles erledigt, die Menschen bewegen sich zwischen Staunen und Erleichterung.

Dann treten die Trauzeugen hervor und kündigen die Hochzeitstauben an. Svenja und Thomas fallen fast aus allen Wolken. Ich halte die Gesichter fest und suche mir einen günstigen Standpunkt für meine weiteren Bilder. Ich frage den Halter, in welche Richtung die Tauben fliegen werden. Interessant ist, dass trainierte Tauben ihren Weg über viele Kilometer nach Hause finden. Interessant ist auch, dass sie extrem schnell fliegen. Ich muss also vorbereitet sein. Der Flug der Hochzeitstauben ist einer der kniffligsten Momente an solch einem Tag, weil in wenigen Sekunden alles vorbei ist, wenn erst einmal das Türchen offen ist. Die beiden halten ihre Tauben noch in der Hand, ich kann noch ein schönes Bild machen, dann lassen sie sie los. Hier arbeite ich mit Serienbildfunktion, da der Flügelschlag der Tiere viele Bilder ausscheiden lässt. Die Kamera rattert, da sind sie schon weg. Der Halter der Tauben öffnet sodann den Käfig mit den restlichen Tauben, damit alle gemeinsam fliegen können. Gleiche Herausforderung für mich. Schnell sein. Sie fliegen genau auf mich zu. Die Kamera rattert. Dann ist alles vorbei.

Die weiteren Stunden verlaufen entspannt, angenehm und inspirierend. Ich halte mich stets dezent zurück, bin aber präsent und sichtbar, falls das Brautpaar oder jemand anderes Fragen an mich hat oder bestimmte Aufnahmen möchte. Oft kommen nämlich auch Gäste zu mir und wünschen Einzel- oder Paarbilder, teilweise auch für sich selbst. Am Nachmittag steht noch das Paarshooting an. Da wir das Ganze bereits beim Pre-Wedding-Shooting „geübt“ haben, freuen sich die beiden sogar richtig darauf. Wie vereinbart kommen die beiden Trauzeugen mit, auch sie freuen sich, dass sie dabei sein dürfen. Ich halte es stets so, dass ich mich mit dem Paar für diese Aufnahmen von den Gästen entferne und auch wirklich sonst niemand mitkommen darf. Oft wird vermutet, dass der Fotograf Angst hat, dass „seine Bildideen“ von den gesammelten Digi-Cams abfotografiert werden. Das gilt für mich nicht. Aber es stört einfach, wenn viele Menschen mitkommen und das Paar dann irgendwann nicht mehr weiß, in welche Kamera es schauen soll… Die beiden Assistenten wissen bereits Bescheid, dass sie die Bilderserie stark aufwerten werden, da sie bei einigen Aufnahmen den Aufheller, das externe Blitzgerät oder den Schirm halten können. Außerdem können sie den Brautstrauß halten oder eine Wasserflasche für die beiden, und nebenbei sorgen sie einfach auch für eine gute Stimmung. Dies ist meine Paar-Shooting-Strategie, hier mal aus dem Nähkästchen verraten.

Nach dem Paarshooting geht es ganz entspannt zurück zu den Gästen. Die Kaffeetafel steht bald an, und die Dame vom Bankett gibt mir das Zeichen, dass das Auffahren der Hochzeitstorte genau im Zeitplan liegen wird. Ich suche mir also wieder einen guten Blickwinkel und sorge für perfekte Detailbilder der Torte, für emotionale Reportagebilder vom Anschneiden und dem ersten Biss sowie vom Geschehen. Das Personal übernimmt selbstverständlich das Aufteilen an die restlichen Gäste. Ich lege meine Kamera schon mal zurück in meine Equipment-Tasche und ziehe mich ein wenig zurück. Ich halte es – genauso wie beim Abendessen – stets so, dass ich den Gästen deutlich signalisiere: Ich mache jetzt keine Fotos. Sie dürfen unbeobachtet Ihren Kuchen genießen. Dieses Einfühlungsvermögen in das Empfinden derjenigen, die gerade essen, ist meiner Meinung nach eine der Grundvoraussetzungen für das gute Feedback, das ich stets erhalte…

 

Nachdem alle Gäste versorgt sind, bekomme ich auch ein Stück Kuchen. Ich nehme niemals von der Hochzeitstorte, sondern stets von einem der anderen Kuchen oder Torten, es sei denn, das Paar wünscht es so. Ich setze mich also an einen Tisch und plaudere mit den Gästen. Trotz des entspannten Momentes muss ich aber hell wachsam sein, denn es kann immer sein, dass sich spontan etwas ereignet, dass unbedingt ins Hochzeitsalbum muss.

Anschließend melde ich mich beim Brautpaar kurz ab. Es ist äußerst wichtig, dass die beiden stets über eine kurze Abwesenheit meinerseits informiert sind. Nichts wäre schlimmer, als wenn auf einmal der Fotograf gesucht würde, und keiner weiß, wo ich bin. Ich melde mich also ab, um in einem eigens dafür vorgesehenen Nebenraum des Festsaals das mobile Fotostudio aufzubauen. Das wird ca. eine halbe Stunde dauern. Das Haus stellt ein antikes Sofa, ich baue den Hintergrund auf, stelle die Blitzgeräte und die Extra-Kamera auf und hänge die Hinweise zur Benutzung auf. Jeder Gast soll sich frei fühlen, hier spritzige Aufnahmen auch ohne mich machen zu dürfen, allerdings gibt es aus Respekt vor diesem Equipment und seinem Preis natürlich Regeln. Wie sich später herausstellen wird, ist diese Photo-Booth eines der Spitzen-Highlights des Abends. Ich mache einige Testaufnahmen. Alles ist vorbereitet. Den mobilen Fotodrucker stelle ich in einem Service-Nebenraum auf, der nur vom Personal benutzt wird.

Ich gehe wieder hinaus, zu den Kindern. Die Kinderbetreuerin leistet fantastische Arbeit. Sie hat sogar eine kleine Hüpfburg für die Kleinen dabei. Die großen hüpfen wie wild, einige Kleinere malen. Zwei Kinder basteln etwas. Ich soll erst später erkennen, dass es ein Krokodil wird. Ich bin natürlich dabei. Es entstehen Aufnahmen, wie ich sie liebe. Auch sonst bin ich in der Kinderfotografie kein Freund davon, die kleinen Persönlichkeiten als Dekoration zu benutzen und in ein Bild zu drapieren. Ich nehme die Kinder am liebsten genau so auf, wie sie sind. Frech, fröhlich, hoch konzentriert oder gelangweilt. Ganz egal, wie das Kind gerade dreinschaut, oder was es tut – Kinder sind immer authentisch. Und genau darauf lege ich meinen Fokus. Da ich nun Bilder beim Spielen und toben mache, muss ich natürlich dafür sorgen, dass sich meine Bilder qualitativ (sowohl hinsichtlich der Bildsprache als auch der technischen Umsetzung) deutlich von jenen Schnappschüssen unterscheiden, die die Eltern selbst machen können. Selbstverständlich habe ich hier genügend Erfahrung und Möglichkeiten, dies zu gewährleisten… Ich beherrsche meine Kamera und weiß, aus welchen Blickwinkeln und mit welchen Aufnahme- und Blitztechniken ich fantastische Bilder bekomme.

Die Kinder fangen an, sich einen Spaß daraus zu machen, vor meiner Kamera zu posieren. Das macht einen Heidenspaß, da ich den Kindern die Ergebnisse auf dem Kameradisplay ja gleich zeigen kann. Sie lachen sich halb scheckig und erfinden immer weitere Fratzen und Grimassen. Auch ich muss lachen! Kinder sind herrlich! Dennoch muss ich mich losreißen…

Ich gehe kurz auf mein Zimmer, mache mich frisch und putze mir noch einmal kurz die Zähne. Ich wechsle das Hemd, denn der Tag war warm. Ich nehme in Ruhe ein Glas Wasser zu mir, stelle mich ans Fenster und atme durch. Wenn der Tag so weiter geht, werde ich als überglücklicher Mensch die Heimreise antreten und mich sehr auf die Sichtung und Selektion der Bilder freuen. Ich gehe wieder hinunter.

Am Abend sammeln sich alle Gäste zur Ansprache und zur Eröffnung des Buffets. Ich war natürlich schon vorher als erster im Festsaal und habe den Saal, die Tische, die Tischdekoration, die Buffetkarte, die Tischkärtchen, die Gastgeschenke und alle weiteren Details, sowie das Buffet und die Speisen fotografiert. Anschließend gehe ich wieder hinaus zur Hochzeitsgesellschaft. Das Brautpaar beginnt seine Ansprache, bedankt sich bereits jetzt für einen bisher schönen Tag. Diese Dankbarkeit sitzt sehr tief, daher lege ich hier wieder besonderen Augenmerk auf Svenja und Thomas und ihre Emotionen. Meine Arbeit besteht im Grunde genommen nicht nur darin, den beiden in 3 Wochen ein traumhaftes Hochzeitsalbum zu überreichen. Meine Arbeit hat einen höheren Wert. Nach 10 oder 20 Jahren werden die Erinnerungen an die kleinen Momente des Tages verblasst sein. Wenn sie sich dann jedoch das Album oder die Dia-Show wieder ansehen, sollen Sie Gänsehaut bekommen und wieder die Taschentücher zücken. Ich muss also genau diese tiefen Emotionen festhalten, um dieses Ziel zu erreichen.

Wie vereinbart, informieren die beiden ihre Gäste auch über das mobile Fotostudio und die Photobooth und eröffnen feierlich das Buffet.

Hier mache ich noch einige Aufnahmen der Atmosphäre und lege dann die Kamera wieder zur Seite. Während des Abendessens gilt das gleiche wir bei der nachmittäglichen Kaffeetafel: Die Gäste sollen wissen, dass sie diese Momente völlig unbeobachtet genießen können. Ich habe von Fotografen gehört, die sogar während des Essens von Tisch zu Tisch gegangen sind. Ich halte das für blanke Belästigung. Im Übrigen muss auch ich etwas essen. Selbstverständlich warte ich, bis am Buffet ein wenig Ruhe entsteht. Die Gäste gehen klar vor…

Ich sitze außerhalb des Festsaals und diniere zusammen mit dem DJ und Pianisten an einem extra für uns gedeckten Tisch. Manchmal ist es der dringende Wunsch eines Brautpaares, dass ich an einem der Gästetische platziert werde, dem gebe ich dann nach, aber in der Regel bestehe ich darauf, separat zu essen. Ich möchte hier einfach die Distanz wahren, dass ich hier Dienstleister bin und kein Gast. Ich plaudere mit dem DJ, ein interessanter und sehr fähiger Mann, sofort führen wir ein tiefgründiges Gespräch über die verschiedensten Themen. Auch wenn jede Hochzeit für mich einen anstrengenden Arbeitstag darstellt, liebe ich diesen Beruf eben auch wegen dieser Momente. Ich speise hervorragend und befinde mich in interessanter Gesellschaft.

Nach meinem Dessert gehe ich wieder zum Festsaal und werfe einen Blick. Die Stimmung ist gut, alle genießen ihr Essen. Svenjas Blick kreuzt meinen, sie weiß also: Ich bin präsent. Auch Thomas schaut zu mir herüber und nickt. Diese kurze Geste signalisiert mir ihre Zufriedenheit auch mit mir und meiner Arbeit.

Ein Gast kommt an mir vorbei, auf dem Weg nach draußen, klopft mir auf die Schulter und drückt sein Lob aus, darüber, dass ich so aufmerksam und doch dezent den ganzen Tag dabei bin. Es erfüllt mich immer wieder mit tiefer Freude, wenn ich solches Feedback bereits während der Hochzeit bekomme, noch bevor die Bilder fertig sind. Ich bedanke mich und gehe wieder an meinen Tisch, um noch etwas Wasser zu trinken. Bei aller Höflichkeit und bei allem Respekt, Alkohol ist absolut tabu!

Ein Glas wird angestoßen. Der Brautvater wird seine Rede halten. Ich gehe in den Saal. Jetzt kommt wieder ein kniffliger Moment. Ich muss es schaffen, die Bilder so zu gestalten, dass anhand ihrer das Gesagte wieder fühlbar wird, auch nach Jahren oder Jahrzehnten. Diese Reden sind in der Regel sehr tiefgründig, sehr persönlich und erzählen aus der Vergangenheit der Braut und auch des Bräutigams. Die Reaktionen des Brautpaares sind daher oft sagenhaft spontan, ehrlich, und stark emotionsgeladen. Hier muss ich, statt auf den Redner, fast noch mehr auf das Brautpaar achten und blitzschnell reagieren, wenn sie die Augen aufreißt, ihr Gesicht in den Händen vergräbt, oder wenn er beispielsweise anfängt, schallend zu lachen. Übrigens bin ich selbst auch hier oftmals sehr gerührt und muss mich zusammenreißen, aber ich bin von einem überzeugt: Je mehr mich diese Rede selbst emotional bewegt und berührt, desto besser werden meine Bilder. Also lasse ich den Moment zu, ich tauche ein, aber konzentriere mich, denn genau für diese Professionalität werde ich bezahlt.

Es folgen noch weitere Reden. Und es folgt der Moment, den das Brautpaar bewusst nach dem Essen eingeplant hat: Alle Gäste sollen einmal antreten, in das mobile Fotostudio zu einem Bild für das Gästebuch. Thomas macht eine entsprechende Ansage, der Trauzeuge kommt zu mir und bewahrt für mich den Überblick, wer schon dran war und wer noch muss. Dieser Part ist nicht verhandelbar, hat Thomas in seiner Aufforderung seine Gäste wissen lassen…

Also wechsle ich die Speicherkarte. Ich tue das, weil ich nun für ca. 20 Minuten ausschließlich Gästebilder mache, und diese anschließend mit den mobilen Fotodruckern ausdrucke. Da ich also diese Speicherkarten für die Drucker benötige, nehme ich eine der beiden Karten aus der Kamera. Die andere, auf der gleich eine Sicherungskopie angelegt wird, belasse ich in der Kamera, so habe ich auch von diesen Bildern eine Sicherung. Dieses Shooting ist sehr spaßig. Die Gäste sind gut gelaunt, sie machen hervorragend mit. Die Bilder werden herzlich, und nach ca. einer Viertelstunde ist auch schon alles vorbei. Ich lade die Gäste ein, nun das Photobooth zu nutzen, also selbst Bilder zu machen. Ich entnehme die Speicherkarten und fange an, die Bilder zu drucken. Ich weiß, wie lange der Drucker benötigen wird, und wann ich Tonerkartuschen und Papier nachfüllen muss. Ich schaue also auf die Uhr, und mache weiter im Festsaal.

Ich nehme mir den Präsentetisch vor. Da alle Gäste bereits am Nachmittag anwesend waren, und die offizielle Präsente-Übergabe bereits vor dem Abendessen geschehen ist, steht nun alles beisammen. Ich vermeide es, diese Geschenke zu berühren, da es sich hierbei teilweise um beträchtliche Geldgeschenke oder anderweitig wertvolle Dinge handelt. Ich wahre hier also den nötigen Respekt und fotografiere die Präsente so, wie sie sich mir bieten.

Das Feuerwerk steht an. Ich nehme mein Stativ, stelle die Kamera entsprechend ein und gehe mit den Gästen nach draußen. Es wird ein traumhaft romantisches Lied gespielt, der Moment ist prickelnd. Ich stelle ein separates Remote-Blitzgerät auf, dass auch hier draußen per Infrarot-Fernauslösung gesteuert werden kann. Da ich die Gästeschar definitiv blitzen muss, aber auch ausdrucksstarke Schatten im Bild haben möchte, stelle ich das Gerät als Gegenlicht auf. Auf den späteren Aufnahmen wird es den Anschein haben, als würden die Gäste durch das Feuerwerk selbst erhellt. So habe ich also im Moment zwei Blitzgeräte im Einsatz, die ich je nach gewünschter Bildwirkung beide ansteuere oder einzeln.

Später mache ich dann noch Fotos auf der Tanzfläche. Auch hier bediene ich mich einer speziellen Aufnahme- und Blitztechnik, die es mir ermöglicht, die Stimmung und Dynamik der Szenerie einzufangen. Es geht hier um farbige Scheinwerfer und Lichteffekte, um Bewegung und Musik. Dies alles muss in dem Foto wieder spürbar werden.

Zwischendurch baue ich die Photobooth wieder ab. Nicht komplett, aber ich schalte die Blitzgeräte aus, nehme die Softboxen ab, stecke die Schutzkappen auf die Geräte und packe die Kamera und die Fotodrucker wieder ein. Die Benutzung der Photobooth für die Gäste war auf 2 Stunden begrenzt. Erstens, weil sonst einfach zu viele Bilder entstehen würden, und zweitens, weil auch die Gefahr steigt, dass einige Gäste in alkoholisiertem Zustand die Anlage betreten. Und das geht einfach nicht. Den Rest werde ich morgen zusammenräumen. Ich nehme den Stapel mit den ausgedruckten Gästebildern und überreiche sie den Trauzeugen. Die beiden übernehmen das Einkleben ins Gästebuch. Sie freuen sich sehr, denn die Bilder sind herzlich und fröhlich geworden. Im Gästebuch haben sich auch schon die meisten Anwesenden verewigt. Ich hatte den Trauzeugen vorher eine Platzhalterkarte gegeben, mit deren Hilfe im Gästebuch beim Eintragen das spätere Foto eingepasst werden kann. Also machen sie sich ans Werk, die Bilder auf die entsprechenden Seiten zu kleben.

Zum Schluss folgt noch eine Eisbombe, mein Einsatz neigt sich dem Ende zu. Ich bleibe noch ein halbes Stündchen länger, denn das Feuerwerk hat etwas später als geplant begonnen, und die Eisbombe kam auch verzögert. Aber bei solch einem langen Einsatz ist das kein Problem. Selbstverständlich schaue ich hier nicht auf die Uhr. Das Brautpaar hat sich für ein stattliches Leistungspaket entschieden und zahlt mir ein entsprechendes Honorar. Ich würde es also als unverschämt empfinden, nun wegen einer halben oder auch wegen einer ganzen Stunde zu rechnen… Nicht bei 15 Stunden vereinbartem und bezahlten Einsatz!

Am Ende eines langen aber erfüllenden Arbeitstages gehe ich zu Svenja und Thomas und frage, ob sie noch Wünsche haben. Sie verneinen, nehmen dies aber zum Anlass, mir ihre Begeisterung mitzuteilen. Sie haben den gesamten Tag mit mir als sehr angenehm, unkompliziert empfunden und staunen auch, wie ich es schaffe, immer präsent und aufmerksam zu sein. Ich kann nur erwidern, dass dies die Paarung von Erfahrung und Leidenschaft ist, wünsche den beiden noch eine traumhafte Feier und verabschiede mich.

 

Die Heimfahrt …

Auf der Heimfahrt schalte ich komplett ab. Ich fühle zwar noch dieses angenehme Gefühl, höre aber leise meine Musik und entspanne mich – nach einem anstrengenden und aufregenden Tag. Der noch größere Teil der Arbeit wartet nun noch auf mich. Was die meisten nicht ahnen: Die Nachbearbeitung der Bilder nimmt, zumindest im professionellen Workflow, einen etwa doppelt so langen Zeitraum in Anspruch wie die Aufnahmen selbst. Das heißt: Nach einem 16 Stunden Einsatz ist von 2-3 Tagen Bearbeitungszeit auszugehen. Bis dann auch die Diashow, die Online-Galerie und das Hochzeitsalbum erstellt sind und alle Kleinigkeiten erledigt sind, kann insgesamt eine Arbeitswoche vergehen. Die meisten verstehen erst nach der Erklärung dieses Workflows, warum gute Fotos einen angemessenen Preis kosten, der oftmals vorerst deutlich über dem liegt, was Paare sich so vorstellen, wenn sie sich noch nie mit diesem Thema beschäftigt haben. Denn was im Nachhinein passiert, sieht man ja nicht…

 

 

Die Nachbearbeitung. Ein aufwendiges Erlebnis

Während der Bildbearbeitung tauche ich wieder in den Großen Tag von Svenja und Thomas ein. Ich gehe die Bilder von Anfang bis zum Ende durch und beginne zu selektieren. Und zwar rigoros. Ich habe nicht das Ziel, eine möglichst große Anzahl von Bildern zu übergeben, sondern eine möglichst hohe Qualität der Bilder-Story. Dies erreiche ich durch Beherzigung eines ganz einfachen Prinzips: Weniger ist mehr! Ich weiß, dass viele Anbieter hier weit über 500 oder gar bis zu tausend Bilder abliefern. Ich frage mich aber, wer sich solch einen Haufen Material wirklich ernsthaft ansehen will. Bilderserien, langweilige Bilder oder Bilder, die einfach nicht berühren, fallen demnach raus. Sofort. Was glauben Sie, was bei einem spannenden Hollywood-Film passiert? Auch hier gibt es Material, das rigoros geschnitten wird. Der Film darf eben nicht langweilig sein. Oder haben Sie schon mal einen Film gesehen, bei dem verschiedene „Takes“ eines Bildes hintereinander geschnitten wurden? Wohl kaum. In der Fotografie sollte es nicht anders sein.

Ich erlebe nun einige aufregende Tage, denn bei der Bearbeitung der Bilder erlebe ich den Tag wieder neu. Und zwar sehr intensiv. Es ist immer wieder ein seltsames Gefühl. Ich war auf der Hochzeitsfeier nur Begleiter, ein vormals fremder, ein Dienstleister, also irgendwie eine Außenstehende Person. Nun aber sehe ich das, was einst die gesamte Familie hoffentlich über Generationen erfreuen und bereichern wird als erster. Und ich gestalte es, ich erstelle diese Erinnerungen überhaupt erst. Das ist mehr als nur die Beherrschung der notwendigen Arbeitsschritte in der Digitalfotografie, es ist: Der Urheber zu sein von etwas Wundervollem, etwas das Menschen in Zukunft das Herz erwärmen wird. Diese Emotion trägt mich durch die gesamte Arbeit und ist meiner Meinung nach, wie bereits oben erwähnt, eine Grundvoraussetzung, um hier fantastische Ergebnisse zu erzielen.

Ich habe natürlich neben der Bearbeitung der Fotos auch andere Dinge zu erledigen. Büroaufgaben, Werbung, Geschäftskontakte pflegen, und auch mal Pause machen. Es ist äußerst wichtig, auch auf die innere Verfassung zu achten. Nicht zu jeder Tageszeit bin ich gestalterisch am Kreativsten. Manchmal ist vormittags ein guter Zeitpunkt, manchmal abends. Ich folge da ganz meiner Stimmung und Intuition. Also unterbreche ich die Arbeit an dieser Fotostory immer wieder einmal. Nach einigen Tagen ist alles fertig, mein Part ist erledigt, selbst das Hochzeitsalbum ist beauftragt und wird mir in einigen Tagen geliefert. Die Verschenk-DVD-Etuis habe ich zusammengestellt, ich hatte noch einige auf Lager. Aber: Ich muss mir notieren, neue zu bestellen, für die nächsten Hochzeiten. Nun heißt es für mich: Warten. Ich kann hier ganz gut die Vorfreude verstehen, die seitens des Hochzeitspaares sicher noch um ein Vielfaches höher ist als bei mir.

 

Die Übergabe – ein emotionales Feuerwerk

Ich selbst bin auch auf das Äußerste gespannt, ganz ehrlich. Ich bin zwar überzeugt, dass auch die beiden begeistert sein werden, aber die Reaktion ist bei jedem Paar anders. Da diese beiden sehr emotionale und tiefgründige Menschen sind, wird das Betrachten der Bilder auch intensiv von statten gehen, und das Feedback dementsprechend ausfallen, aber vorher ist alles nur Vermutung. Der große Moment naht also auch für mich.

Ich klingle an ihrer Haustür. Selbstverständlich übergebe ich die Bilder persönlich bei Ihnen zuhause. Einzige Ausnahme sind hier bundesweite Einsätze, bei denen eine sehr lange Anfahrt nötig wäre. Thomas öffnet mir die Tür, Svenja steht im Flur und schaut auch schon ganz aufgeregt. Es ist irgendwie ein erquickendes Gefühl, in der eigenen Tasche etwas zu haben, nach dem sich die beiden schon seit Tagen so sehr sehnen. Wir nehmen am großen Tisch im Esszimmer Platz, plaudern kurz. Sie erzählen mir, wie sie den Tag nach der Hochzeit erlebt haben.  Die beiden ergießen sich in Dankesworte und erfüllten Blicken. Ich weiß nun: Die Mühe hat sich wieder gelohnt, ich habe zwei Menschen überglücklich gemacht.

Nun kommt noch ein etwas trockener Moment – ich erkläre einiges zur Verwendung der Bilder, zu den Verzeichnissen auf der DVD, zur Datensicherung, der Online-Galerie und noch einige kleine Details, die wichtig sind. Natürlich bin ich fortan nicht aus der Welt, sondern stehe jederzeit für Fragen zur Verfügung.

Eines ist mir selbst noch wichtig. Selbstverständlich möchte ich auch Bilder dieser Hochzeit für meine Werbung verwenden, also hole ich das Formular heraus, erkläre die Vereinbarung, die rechtliche Seite und lege es den beiden hin. Ich überlasse es jedem Paar ganz ohne Druck, hier selbst zu entscheiden. Manche überlegen hier in Ruhe, andere sagen sofort zu, wieder andere lehnen gleich ab. Ich halte es beispielsweise für unseriös, bereits bei Auftragserteilung eine Bilderverwendung fest zu vereinbaren, abgesehen davon, dass dies rechtlich aus bestimmten Gründen gar nicht haltbar ist… Jedenfalls – die beiden sagen spontan zu, unterschreiben das Blatt und bedanken sich nochmals herzlich für alles. Wir sitzen noch ein Stündchen zusammen, plaudern über ihre Hochzeit, über dies und dann, dann wird es Zeit zu gehen.

Ich verabschiede mich bei Svenja und Thomas. Ich war einst in ihr Leben getreten als Fremder, nun gehe ich als jemand, der ihnen ein Stück näher kommen durfte, und den größten Moment ihres bisherigen Lebens für die in Bildern festhalten durfte. Das einzige, was dies noch toppen kann, ist die Geburt eines Kindes. Zwar wird dies nicht so festlich zelebriert, stellt aber ein weitaus größeres Wunder dar und verändert viel mehr als eine Hochzeit. Ich hoffe also, dass dieses erste nicht das letzte Mal war, dass sie an mich denken.

Ich gehe hinunter zu meinem Auto. Überglücklich. Gerührt. Ich atme die Abendluft und fahre nach Hause.